
Berlin ist ein Sumpf. Gar nicht despektierlich gemeint, sondern rein sachlich, auf geografischer Basis. Die heutige Metropole wurde nämlich über Jahrhunderte auf einem Sumpfgebiet errichtet, das allmählich trockengelegt wurde, um mehr Baufläche zu schaffen.
Das macht sich heute noch darin bemerkbar, dass Berlin keine Katakomben besitzt wie zum Beispiel Paris oder Rom. Und auch darin, dass regelmäßig Tunnel und U-bahn-Schächte tiefer im Morast versinken, was zu unschönen Bauarbeiten führen kann. Selbst im Namen der Stadt ist ihr Hintergrund versumpft. Der Name Berlin leitet sich aus dem Polabischen ab, einer slawischen Sprache, die im 18. Jahrhundert ausgestorben ist. Berlin bedeutet übersetzt dann so viel wie „Die Stadt im Sumpf„. Einfallsreich!
Auch wenn Asphalt und Beton den Sumpf überwiegend verdrängt haben, sprießt aus vielen Ecken und Enden der Stadt Grün. Das macht sich auch in der Vielzahl an Wäldern und Parkanlagen im Inneren des Stadtgebietes bemerkbar. Wir haben nach fünf Orten Ausschau gehalten, an denen zumindest noch der Geist des ehemaligen Sumpfgebietes zu spüren ist.
Tiergarten
Zugegeben: Die überwiegend durchkuratierten Hecken und Wiesen des Tiergartens spiegeln auf den ersten Blick keineswegs das Bild eines wilden Sumpfs. Aber ein Blick durch die Lupe lohnt sich. Auch wenn der Tiergarten jede Menge Terraforming erlebt hat und über Jahrhunderte zu einem eher formalen Park zurechtgestutzt wurde, wurde er trotzdem nie künstlich angelegt, sondern entspringt eben jenem Sumpf, der der Stadt ihr Fundament bietet. Auch heute noch lässt sich dieser Ursprung in den kleinen Wasserläufen, Teichen und Seen finden.
Klein-Venedig
Direkt angrenzend an Spandau findet sich ein weiteres Sumpf-Relikt: Angrenzend an den Stößensee befindet sich eine Flusslandschaft, die sich in charmanten Kanälen und Wasserstraßen durch das Gebiet schlängelt und damit enorm an die Stadt Venedig erinnern.
Rummelsburg
Ein Gebiet im östlichen Teil Berlins, dessen Bucht sich noch einige der sumpfigen und wassernahen Merkmale bewahrt hat. Entlang der Bucht gibt es verträumte Spazierwege, auf denen man die natürliche Uferlinie genauer unter die Lupe nehmen und sich zumindest ein Stück weit in den Hintergrund des Gebietes versetzen kann.
Köpenick
Durch seine Nachbarschaft mit dem Müggelsee –dem größten See in Berlin– hat sich Köpenick ein gutes Stück seiner Urform bewahren können. Das Gebiet um den See und seine Zuflüsse spiegelt noch immer die ursprüngliche sumpfige Umgebung wider.
Floating University
In den frühen 1930er Jahren wurde angrenzend an das Tempelhofer Feld ein Regenrückhaltebecken errichtet, um Überflutungen auf dem damaligen Flughafengelände einzudämmen. Diese treten in Berlin bei Starkregen bekanntlich recht häufig auf, was ebenfalls auf die sumpige Muttererde zurückzuführen ist. Die Floating University hat sich deshalb einen Platz auf der Metaebene verdient, schließlich schwebt sie, genau wie Berlin im übertragenen Sinne, auf den Urwassern der Stadt und ist ein Sammelbecken für Bildung, Kunst und Nachhaltigkeit. Auf physischer Ebene lassen sich hier interessante Tage verbringen, zum Beispiel beim Stiefelwandern durch das sumpfige Regenbecken oder für ein paar entspannte Drinks mitten im urbanen Biotop.