Mit der NochMall hat 2020 das erste Kaufhaus für Gebrauchtwaren in Berlin eröffnet. Auf den ersten Blick mag das erscheinen, wie noch ein Seconhand-Kaufhaus in der Hauptstadt. Unter der Lupe entpuppt sie sich dann allerdings als anti-konsumistisches Einkaufsparadies, dessen Konzept ganze Branchen umwerfen könnte.
NochMall: Die Mall der Vergangenheit
Das Rad des Konsumismus dreht sich unermüdlich. Die Fastfashion-Jeans ist kaputt – eine neue muss her, sofort! Der Staubsauger springt nicht mehr an – weg damit und her mit einem neuen! Das iPhone ist nicht mehr das aktuellste – schon ist das neuste Modell bestellt, jedes Jahr versteht sich! Das Rad des Konsumismus dreht sich unermüdlich, während es die Menschheit in Richtung Mülldeponie der Geschichte transportiert, denn wir wollen immer mehr und immer besser für immer weniger.
Die NochMall stämmt sich dem entgegen und legt sich wie ein Ast in die Speichen des Rades. Zu kaufen gibt es hier nämlich ausschließlich Waren aller Art mit einem Zustand von „alt“ bis „wie neu“. Alle Waren stammen dabei entweder von einem der drei Betriebshöfe der Berliner Stadtreinigungsbetriebe (BSR) oder von der Annahmestelle direkt am Gebrauchtwarenkaufhaus. Bevor sie zum (Wieder-)Verkauf angeboten werden, werden sie selbstverständlich einem Herz-und-Nierentest unterzogen. Doch sie ist nicht nur eine Mall, die schonmal-geliebte Möbel, Kleidung, Elektrogeräte, Haushaltswaren, Spielzeug und Bücher gegen kleines Geld verkauft, um ihnen ein zweites Leben zu geben. Die NochMall ist ein Erlebnisort für Kreislaufwirtschaft und Abfallvermeidung – und damit ein anti-konsumistisches Einkaufsparadies!
Die Mall der Zukunft?
Neben den angebotenen Second Hand-Waren bietet die NochMall auch Produkte mit dem sogenannten Black Label an. Diese Linie besteht aus originellen Produkten, die gänzlich per Upcycling produziert wurden. So findet ihr hier zum Beispiel Hüte aus alten Kaffeesäcken, schicke Ledertaschen aus durchgesessenen Sofas oder bunte Hocker aus Dielen von Abrisshäusern. Jedes Produkt ist somit ein in Europa produziertes Unikat! Da ressourcenschonendes Upcycling wesentlich preisintensiver als ressourcenverbrauchendes „neues“ Herstellen ist, haben diese Waren allerdings auch einen höheren Preis als die im Second Hand-Sortiment. Daneben bietet das Gebrauchtwarenkaufhaus Trendsetter:innen, Initiativen und Unternehmen Flächen, um ihre nachhaltigen Produkte in Pop-up-Stores zu präsentieren.
Das Konzept der NochMall endet jedoch nicht auf den Verkaufsflächen. Regelmäßig finden hier Events statt, die zu einem Umdenken in Sachen Konsumismus anregen sollen. So wird zum Beispiel ein regelmäßiges Repaircafé organisiert, bei dem ihr mit euren kaputten Waren vorbeikommen könnt und diese unter der Anleitung von Profis wieder in Gang setzt. So konnte schon das ein-oder-andere Elektrogerät vor dem Schrott bewahrt werden! Andererseits werden auch Upcycling-Workshops angeboten, bei denen ihr zum Beispiel beigebracht bekommt, wie ihr einem löchrigem Kleidungsstück wieder neues Leben einhaucht oder zu einem gänzlich neuen transformiert!
Insgesamt haben die BSR mit der NochMall in Berlin ein vielversprechendes Konzept aufgebaut, das jede Menge Potenzial mitbringt! Hoffentlich schaffen es die Ideen der Berliner Recycling-Visionär:innen auch in anderen Städten Fuß zu fassen und so gemeinsam den gesellschaftlichen Fokus auf Abfallvermeidung und einer Abkehr vom Massenkonsum zu lenken. Auch wenn der Weg ein steiniger wird, denn: Das Rad des Konsumismus dreht sich unermüdlich.
📍NochMall | Auguste-Viktoria-Allee 99, Reinickendorf
🕗 Montag bis Samstag 10 – 18 Uhr | Donnerstag 10 – 20 Uhr