Österreich bietet zukünftig sechs Geschlechteroptionen auf ihrem Meldezettel. Neben den bisherigen binären Optionen „männlich“ und „weiblich“ gebe es demnächst vier weitere Optionen zum Ankreuzen: „divers“, „inter“, „offen“ sowie „keine Angabe“. Diese Änderung folgte einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs vor vier Jahren, das eine intersexuelle Person erstritten habe.
Das Höchstgericht befand, dass „der Begriff des Geschlechts so allgemein“ sei, dass er alternative Geschlechteridentitäten einschließe. Das Recht, die Geschlechtsidentität, die einem entspricht, auch behördlich festzuhalten, basiert auf Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Dieses besagt, dass die menschliche Persönlichkeit in ihrer Identität, Individualität und Integrität zu schützen ist.
Der österreichische Meldezettel ist ziemlich präsent im Alltag und soll etwa bei Abschluss eines Mietvertrages oder beim Arbeitgeber vorgelegt werden.
Wie sieht es in Deutschland aus?
Doch was für einen Nutzen hat die Geschlechtsangabe überhaupt? Facebook erlaubt seit einigen Jahren schon die Wahl zwischen 60 Geschlechtsidentitäten. Seit 2019 gibt es in Deutschland drei offizielle Geschlechtseinträge: „männlich“, „weiblich“ und „divers“. Die Kritik an „divers“ ist, dass die Bezeichnung hauptsächlich Intergeschlechtlichkeit meint und als solche ärztliche Atteste fordert. Denn Intergeschlechtlichkeit basiert auf körperlichen Merkmalen: Genitalien, Chromosomen, Keimdrüsen und Hormonen.
Andererseits ist der Gesetzestext zu „divers“ vage genug, dass auch nicht-binäre Geschlechtsidentitäten gemeint sein könnten. Und Inter*Menschen können eine männliche, weibliche oder nicht-binäre Identität haben.
Ein Schritt in die richtige Richtung
Was genau die neuen vier Optionen „divers“, „inter“, „offen“ und „keine Angabe“ meinen, wird aus den vorliegenden Quellen nicht deutlich. Es ist möglich, dass „divers“ eher auf nicht-binäre oder genderqueere Identitäten abzielt. Unklar bleibt, ob die ankreuzenden Personen ihren Status nachweisen müssen. Doch worum geht es im Kern? Warum muss ich mein Geschlecht preisgeben? Ist die Angabe „keine Angabe“ nicht doch eine Angabe, und zwar eine, die mich öffentlichen Anfeindungen preisgibt? In den Kommentaren zum FAZ-Artikel gibt es genug kritische Meinungen zu dem österreichischen Gesetzesentwurf, die von uninformiert bis zu verächtlich reichen.
Die österreichische Entwicklung ist im Grunde eine gute. Wir bleiben gespannt, wie sie im Alltag umgesetzt wird. Ob Deutschland bald mitzieht? Ob eine Zukunft ohne Geschlechtsangabe auf dem Meldezettel oder gar Pass möglich ist?